In den östlichen Teil unserer Republik, genauer nach Bernau-Ladeburg, nördlich Berlin, begab sich die Sektion Wunstorf. Aufgrund der Nähe und sich bietenden Gelegenheit, nahmen auch einige Mitglieder der Berliner Sektion diese Besuchsmöglichkeit wahr. Auf dem Programm stand eine Führung durch die Bunkeranlage des ehemaligen Gefechtsstandes der 41. Flugabwehr-Raketenbrigade der NVA. Die Inbetriebnahme dieses damals modernsten Bunkers der DDR geschah im Dezember 1986. Von hier aus erfolgte die Überwachung des Luftraumes um Berlin und die Führung von zehn Fla-Raketenabteilungen mit den Systemen S-75 „Wolchow“, S-125 „Neva“ und S-200 „Wega“. Ebenfalls möglich war dort eine Leitung von drei fliegenden Geschwadern der Luftstreitkräfte der NVA. Der Bunker war mit einer Fläche von 1600 qm und 60 Räumen ausgelegt für einen eigenständigen Gefechtsbetrieb von 14 Tagen. Hierzu waren ausreichend Verpflegung, 57.000 Liter Kraftstoff für zwei Schiffsgeneratoren und ein Tiefbrunnen vorhanden. Die Anlage war als Schutzbau mit ABC-Anforderungen ausgelegt. Die Einsatzbereitschaft wurde mit bis zu 40 Personen im Schichtbetrieb sichergestellt. Die in diesem Bereich eingesetzte Radar-Anlage (P-35) hatte eine Reichweite von bis zu 350 km und konnte somit auch Teile des Luftraums über der damaligen BRD abtasten. Die Sendeleistung war derart hoch, dass Lautsprecher bzw. Radios von Anwohnern in der Umgebung regelmäßig gestört wurden.
Ein Highlight der Ausstellung ist die beleuchtete Kartenwand im Führungsraum. Auf einer großen Fläche aus Plexiglas waren neben den Grenzen der DDR und Nachbarstaaten, die Luftkorridore nach West-Berlin, sowie die einzelnen Raketenabteilungen inkl. deren Reichweite abgebildet. Den jeweiligen Status der Luftlage, wie auch in Spiegelschrift dargestellte Flugbewegungen zeichneten ein eindrucksvolles Bild. Die Erzählungen eines ehemaligen Einsatzoffiziers zeugten von großer Anspannung und Belastung im Dienstbetrieb. Eindrucksvoll sind die Einflüge der damaligen Lockheed SR-71 aus Mildenhall (GB) entlang der innerdeutschen Grenze im Gedächtnis geblieben, welche mit Alarmstarts sowjetischer MiG-25 beantwortet wurden. Insgesamt wurde diese Anlage in rund 20 Jahren mit sehr viel Engagement, Liebe fürs Detail und einer großen Menge an wiederbeschafften Utensilien aus jener Zeit ausgestattet. Sie stellte sich für uns als eine Art Zeitkapsel in die Phase des Kalten Krieges dar. Torsten Stein und seine wenigen Mitstreiter haben uns sehr sachkundig und geduldig für jede Frage durch dieses beeindruckende Bauwerk bzw. Museum geführt.
Abgerundet wurde dieser Besuch durch eine zünftige „Feldverpflegung“ im Anschluss und der Erkenntnis, dass sich immer noch viele interessante Geheimnisse in unserer Umgebung befinden – und viele sind uns wahrscheinlich noch nicht mal bekannt
Andre Tschörtner, Stellvertreter Sektion Wunstorf